Republik Preussen
Rettungsmedaille

Rettungsmedaille Vorderseite
"REPUBLIK PREUSSEN"

Rettungsmedaille Rückseite
"FÜR RETTUNG AUS GEFAHR"

Etui zur Rettungsmedaille
Erinnerungsmedaille Vorderseite
"REPUBLIK PREUSSEN"
Erinnerungsmedaille Rückseite
"FÜR RETTUNG AUS GEFAHR"
Erinnerungsmedaille im geöffneten Etui

Verleihungszeitraum: 
1925 - 1933
Verleihung für: Rettungsmedaille:  Rettung aus Lebensgefahr, wenn sich der Retter in erheblicher eigener Gefahr befunden hat
Erinnerungsmedaille:  wenn sich der Retter in minder schwerer Gefahr befunden hat
Band: orangegelb mit zwei weissen Seitenstreifen (die Erinnerungsmedaille ist nicht tragbar)
Material: Silber
Durchmesser: Rettungsmedaille:  25 mm
Erinnerungsmedaille:  50 mm

Auf der Sitzung der Preussischen Staatsregierung am 22. Juli 1919 wurden die Auswirkungen des Friedensvertrages erörtert. Hier wurde unter anderem das Einverständnis über die Weiterverleihung der Rettungsmedaille und der Erinnerungsmedaille protokolliert [1]. Auf der Sitzung des Preußischen Staatsministeriums am 9. Juni 1925 wird beschlossen, die Rettungsmedaille schnellstmöglich wieder einzuführen, da sie nicht als ein Orden oder Ehrenzeichen im Sinne der Reichsverfassung anzusehen sei [2]. Die eingeführten Medaillen gleichen in Form und Größe dem Vorgängermodell.


Gustav Dittrich, Oberfeuerwehrmann, Köln

Am 27. Mai 1919, vormittags 10 Uhr 40 Minuten wurde auf der Feuerwache I, Apostelnkloster, gemeldet, daß es in der nahebei gelegenen Hahnenstraße 40 brenne und auf dem dritten Stock eine Frau und ein Kind in Gefahr sei. Die Wache rückte sofort mit der mechanischen Leiter als erstes Fahrzeug, zur Zeit noch Pferdebespannung, zu der ungefähr fünfhundert Meter Wegstrecke entfernt liegenden Brandstelle ab. Bei Ankunft fand die Feuerwehr einen sehr weit vorgeschrittenen Brand im ersten Stockwerk straßenwärts vor, der sich auf die einzige im Hause befindliche Holztreppe und die hofwärts liegenden Räume übertragen hatte. Die ganzen oberen Stockwerke waren bis unter das Dach mit schwerem heißem Qualm angefüllt. Die Besatzung der mechanischen Leiter, zu der auch ich gehörte, versuchte nun auf schnellsten Wege, in diesem Falle über die brennende mit Stichflammen und starkem Rauch und Hitze angefüllte Treppe in das dritte Stockwerk zu gelangen, was trotz mehrmaliger unter übermenschlicher Anstrengung unternommenen Versuchen nicht gelang. Es muß hier eingeschaltet werden, daß schon vor Ankunft der Feuerwehr herzhafte Männer aus dem Hause und der Nachbarschaft, sowie Pflasterer, welche vor dem Hause die Straße pflasterten Rettungsversuche über die Treppe unternommen hatten, leider ebenfalls ohne Erfolg. Da ein Durchkommen über die Treppe unmöglich schien, ordnete der Fahrzeugführer die Vornahme der mechanischen Leiter von der Straße aus nach dem dritten Stockwerk an. Leider bereitete die Vornahme der Leiter einige Schwierigkeiten, erstens durch den Aufbruch des Straßenpflasters, wodurch eine gute Anfahrt und sichere Stellung verhindert wurden und zweitens hinderte die Oberleitung der Straßenbahn das Vornehmen der Leiter sehr. Inzwischen stellte sich heraus, daß nur ein Kind im dritten Stock zurück geblieben sei und die Mutter des Kindes sich inzwischen eingefunden hatte. Es war uns Feuerwehrleuten allen klar, daß, wenn dem Kinde Rettung werden sollte, es nur noch Momente seien und die schwierigen Verhältnisse beim Vornehmen der Leiter zuviel Zeitverlust brachten. Ein Versuch eines Kollegen mit Hakenleiter in das dritte Stockwerk zu gelangen, scheiterte an dem überladenen Fassadenausbau. Alle diese Ereignisse machten auf mich einen starken Eindruck. Erstens aus dem Grunde, daß die auf der Straße sich ansammelnde Menschenmenge die Schwierigkeiten der Rettungsversuche nicht erkannten und ungeduldig wurden. Zweitens aber auch, daß, wenn nicht bald Hilfe kam, das Kind verloren war und der Tod des Kindes der Feuerwehr zur Last gelegt worden wäre. Dieses alles in Augenblicksschnelle überlegend, bewog mich zu dem Entschluß, den Versuch über die Treppe noch einmal zu wagen.

Um nicht irre zu laufen und auf dem kürzesten Wege zu dem Kinde zu gelangen, ließ ich mir vom Vater des Kindes, welcher von der Gefahr, in welcher sein Kind sich befand, benachrichtigt worden und von seiner nahegelegenen Dienststelle herbeigeeilt war, schnell die Lage der Zimmer im dritten Stock einschließlich der Türen erklären. Das Leben des Kindes sowie auch das meinige hing jetzt nur noch davon ab, ob ich das dritte Stockwerk glücklich erreichen würde. Erreichte ich es nicht und blieb auf der Treppe liegen, so kam jede Hilfe, für das Kind zu spät und auch ich dürfte mit dem Leben nicht davongekommen sein. Ich lief nun bis zur Treppe, holte ein paarmal tief Atem und rannte nun, vielmehr stürmte mit langen Sätzen, was mehr einem Aufwärtsstiirzen glich, ein Taschentuch vor das Gesicht haltend über die brennende, von Stichflammen, Hitze und starkem Qualm angefüllte Treppe aufwärts. Ich gelangte auch glücklich unter Aufbietung aller meiner Kräfte nach oben und in ein hofwärts gelegenes Küchenzimmer im dritten Stock. Arbeitete mich, obwohl kein Fenster infolge der starken Rauchansammlung zu erkennen war, instinktmäßig bis zu einem Fenster, riß es auf und schöpfte tief Luft, denn ich war einer Ohnmacht sehr nahe. Da das Kind aber in einem Zimmer straßenwärts lag, mußte ich ohne Zeitverlust bis dahin vordringen. Nach einigen tiefen Atemzügen am offenen Fenster gelang es mir, in das Zimmer, wo das Kind lag, vorzudringen, dabei die Küchentüre, die zur Treppe führte, zuschlagend, um das weitere Eindringen von Rauch und Hitze zu unterbinden. Ich fand das Kind, ein anderthalbjähriger Junge, in seinem Bettchen liegend, bewußtlos vor, trug es an das geöffnete Küchenfenster und öffnete dann das Fenster im straßenwärts gelegenen Zimmer, in dem das Kind gelegen hatte, um den Rauch, der sich auch hier stark angesammelt und ein Atmen fast zur Unmöglichkeit machte, abziehen zu lassen. Als mich die untenstehende Menschenmenge am Fenster erblickte, brach sie in ungeheuren Jubel aus, gleichzeitig nach dem Kinde rufend. Ich holte das Kind und zeigte es der Menge aus dem Fenster, was ebenfalls großen Jubel auslöste. Ich machte anschließend mit dem Kind Wiederbelebungsversuche, welche Erfolg hatten. Inzwischen waren noch mehr Feuerwehrfahrzeuge auf der Brandstelle angelangt und dem Feuer energisch zu Leibe gegangen. Nachdem sich der Qualm etwas verzogen hatte, trug ich das Kind über die Treppe herunter und übergab es den unten mit Bangen harrenden, nun überglücklichen Eltern. Ein zufällig anwesender Arzt bemühte sich sofort weiter um das Kind. Außer Brandwunden an Händen und Gesicht, Kopfschmerzen, vorübergehender Erschöpfung und anderen Auswirkungen infolge Rauch- und Hitzeinwirkung, hatte ich keinen Schaden gelitten. Die Freude und Genugtuung, einem Kinde das Leben gerettet zu haben, ließen mich die Anstrengungen usw. gern vergessen. Besonders wertvoll waren mir die Anerkennungen für meine Leistungen, die mir meine dienstlichen Vorgesetzten, Herr Branddirektor Sturm, selbst Inhaber der Rettungsmedaille am Bande und Herr Brandoberingenieur Hildebrand, zollten.

Obwohl ich nur meine Pflicht getan und die vollbrachte Tat unter die Berufspflichten fällt, die jeder Feuerwehrmann ohne Rücksicht auf seine Gesundheit usw. gegebenenfalls unbedingt zu erfüllen hat, so schätze ich doch die Anerkennung für das Geleistete von solchen mit fachmännischem Scharfblick und langjährigen Erfahrungen im Feuerwehrberuf ausgestatteten Herren sehr hoch ein. Am 4. Juni 1926 erhielt ich die Rettungsmedaille am Bande. [3]

Mathias Fischer, Andernach/Rhein

In einer Oktobernacht des Jahres 1919 erscholl in den Straßen der Stadt Andernach Feueralarm. Die Freiwillige Feuerwehr, zu der auch ich gehörte, rückte eilends zur Brandstelle. Die Brandstelle befand sich in der X.-Straße, wo bei unserer Ankunft der Dachstuhl eines Wohnhauses bereits lichterloh brannte. Mit drei beherzten Kameraden lief ich die schon äußerst gefährdete Treppe hinauf, um festzustellen, wie weit das Feuer um sich gegriffen hatte und ob den angrenzenden Häusern ebenfalls Gefahr drohte.

Bei dieser Gelegenheit kam ich auch auf den bereits in dichten Qualm gehüllten Speicher, von dem markerschütternde Hilferufe an mein Ohr drangen. Sofort begab ich mich nach unten und machte pflichtgemäß meinem Brandmeister von meiner wichtigen Wahrnehmung Meldung. Dieser ließ sofort die mechanische Leiter aufstellen und erteilte den Befehl, die Personen vom Speicher zu holen. Der Gedanke, dieser Person Rettung zu bringen, beseelte mich sofort. Aus diesem Grunde war ich auch derjenige, der zuerst zur Tat schritt. Kurz entschlossen nahm ich einen nassen Sack um den Kopf, kletterte behende die Leiter hinauf und drang, unbeachtet der mir drohenden Gefahr durch Glut und Qualm in das Innere. Hier fand ich in einem Verschlag eine ältere Frau, von dichtem Qualm umgeben und bereits bewußtlos auf dem Fußboden liegen. Nun nahm ich den mir vorerst Schutz gewährenden nassen Sack, schlug ihn der Frau um den Körper und trug sie durch züngelnde Flammen und dichten Qualm auf demselben Weg, wie ich gekommen war, herunter auf die Straße in ein Nachbarhaus, wo sie bei mitleidigen Leuten einstweilen Aufnahme fand.

Die Frau war gerettet, aber ich hatte derart schwere Brandwunden bei der Rettung erhalten, daß ich noch längere Zeit arbeitsunfähig war. Es war mir aber eine besondere Genugtuung, getreu dem Wahlspruche: "Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr" gehandelt zu haben.

Für meine Tat wurde ich alsdann im Sommer 1926 vom Preußischen Staatsministerium mit der preußischen Rettungsmedaille am Bande ausgezeichnet, die ich mit Stolz und in Ehren trage. [3]


Quellen:  [1] Acta Borussica - Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817-1934/38, Band 11/I, bearbeitet von G. Schulze 2002
[2] Acta Borussica - Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817-1934/38, Band 12/I, bearbeitet von R. Zilch und B. Holtz 2004
[3] Kusch, Gustav: Wie wir unsere Rettungsmedaille erwarben, Leipzig 1927
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